Die Corona-Umfrage der BSVI im Jahr 2020

Frank Greßler
Vizepräsident der BSVI

Der Straßen- und Verkehrswegebau ist ein starker Wirtschaftszweig. Die dringend notwendigen Investitionen in die Infrastruktur sollen umgesetzt werden. Die notwendigen Beschlüsse sind gefasst und die Gesetze auf den Weg gebracht. Die erforderlichen Strukturveränderungen zur Sicherung der zukünftigen Mobilität stehen vor der Tür und der Fachkräftemangel wird deutlich spürbar. Wir stehen vor sehr vielen Herausforderungen. Und dann kam Corona.

Ausgangslage und Ziele

Der Kampf gegen die Corona-Pandemie stellte uns vor gewaltige Aufgaben und machte den Ausnahmezustand zum Normalzustand. Seit Frühjahr 2020 wirkte sich die Pandemie bundesweit auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens aus und drang in zunehmendem Maße in das Arbeitsleben ein. Nach zwei Lockdowns und einer Reihe von Schutzmaßnahmen hatte sich die Lage stabilisiert und wir hatten Möglichkeiten gefunden, unseren Beruf weiter auszuüben und unsere Aufgaben zu erledigen. Nicht in allen Branchen war das so gut möglich, wie in der Baubranche.

Zu den Auswirkungen der Corona Pandemie führte die BSVI im Sommer 2020 eine Umfrage unter ihren Mitgliedern durch mit dem Ziel, die Auswirkungen der Pandemie in allen Wirkungsbereichen der VSVI-Mitglieder zu ermitteln und branchenspezifisch widerzuspiegeln.

Veränderte Arbeitsformen und Arbeitsorganisation

Durch die Einschränkungen in der Pandemie ­musste schneller als geplant in vielen Dienststellen die Arbeits­organisation geändert werden. Die Lockdowns verhinderten, dass die Berufstätigen zur Arbeit ­kamen. Aber die Arbeit musste erledigt werden. Gerade bei Projekten, die sich in der Baurechtschaffung, in der Ausschreibung oder in der Ausführung befanden, konnte man nicht alles ruhen lassen. Das Homeoffice war daher für viele eine Möglichkeit, dringend anstehende Aufgaben zu erledigen. Größenteils fehlte es anfangs noch an der technischen Ausstattung. Computer und Laptops konnten schnell zur Verfügung gestellt werden, aber die Datenverbindung mit den Büronetz­werken war aufgrund der nicht oder nur in geringer Qualität zur Verfügung stehenden Netzinfrastruktur oft nur eingeschränkt möglich. Hier hat sich in den letzten Jahren noch nicht sehr viel geändert.

Die Pandemie erforderte deutliche Einschränkungen der Reisetätigkeit. Präsenz bei Beratungen wurde durch die technischen Möglichkeiten von Telefon- oder Videokonferenzen sehr schnell obsolet. Heute sind Videokonferenzen längst Standard.

Durch Verschiebungen der Arbeitszeiten konnte der Kontakt zwischen den Kolleginnen und Kollegen deutlich eingeschränkt werden, was aus Sicht der Pandemiebekämpfung notwendig war, aber auch zu Kommunikationsdefiziten führte. Wir haben in den letzten Jahren gelernt, mit diesen Einschränkungen umzugehen. Vergabeverfahren, Erörterungstermine oder sogar Öffentlichkeitsbeteiligungen werden heute im Einzelfall komplett online durchgeführt.

Die Arbeit im Homeoffice und der Rückgang von Dienstreisen werden auch weiterhin Bestand haben. Es wurde aber auch klar, welche Bedeutung Präsenzveranstaltungen haben. Sie sind für die Kommunikation unter Fachleuten unerlässlich. Deshalb ist gut zu verstehen, dass das Interesse an Präsenzveranstaltungen bereits wieder gestiegen ist.

Betriebliche Maßnahmen

Zu Beginn der Pandemie wurden sehr schnell betriebliche Maßnahmen ergriffen. In fast allen Dienststellen wurde ein Hygienekonzept eingeführt.

Die Unternehmen (Bauwirtschaft und Ingenieurbüros) haben Maßnahmen zur Senkung der Unternehmenskosten ergriffen und mit den Auftraggebern die schnellere Begleichung von Rechnungen abgestimmt. Man befürchtete in der Wirtschaft deutliche Umsatzeinbußen und Liquiditätsprobleme. Die Inanspruchnahme von staatlichen Hilfen blieb in der Bauwirtschaft jedoch größtenteils ungenutzt, da der Aufwand für die Antragstellung und die Nachweisführung zu bürokratisch und insbesondere für kleinere Unternehmen nicht praktikabel umsetzbar war.

Wirtschaftliche Auswirkungen

Die Zurückstellung oder Absage von Aufträgen, auftretende Verzögerungen bei der Auftragsvergabe, im Genehmigungsprozess oder auf den Baustellen durch Lieferengpässe sowie Kapazitätsengpässe durch Personalausfall waren bereits eingetreten. Viele Wirtschaftsunternehmen mussten sich mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen. Durch die reduzierte Auftragslage entstand eine geringere Personalauslastung. In diesen Punkten hat sich die Lage jedoch schon wieder stabilisiert. Geblieben sind Lieferengpässe bei vielen Baustoffen aufgrund fehlender Kapazität bei der Gewinnung, Herstellung oder dem Transport.

Die Branche (sowohl Verwaltung als auch Wirtschaft) fordert den Abbau von Bürokratie im Vergabeverfahren, die verstärkte Anwendung von freihändigen Vergaben unterhalb der Wertgrenzen und die Erhöhung der Wertgrenzen für Verhandlungsverfahren. Diese Maßnahmen kamen bisher nicht zur Anwendung, sind aber weiterhin notwendig, um die Wirtschaft zu stärken.

Zusammenfassung

Durch die Corona-Umfrage der BSVI konnte branchenübergreifend ein Stimmungsbild über die Auswirkungen der Pandemie in Deutschland gewonnen werden. Die beteiligten Firmen, Ingenieurbüros und Verwaltungen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur mit ihren Beschäftigten sind bislang wirtschaftlich gut durch diese Zeit gekommen und stützen damit die Wirtschaft insgesamt.

Mit Sorge erkennt die Branche jedoch, dass besonders im kommunalen Bereich die Finanzmittel für Infrastruktur knapper werden und fordert hier von der Politik eine erkennbare Position. Den Ungewissheiten der Krise kann am ehesten mit Planungssicherheit begegnet werden.